Motorrad und Alkohol - Mittendrin in Rönsahl

website security
Direkt zum Seiteninhalt

Motorrad und Alkohol

Mühlenecho
Der Motorradfahrer
In den späten 1950er Jahren :
Ein junger Rönsahler hatte eine Anstel­lung in Stegers Kunststofffabrik und  auch eine kleine Wohnung in Stegers Haus gegenüber der Kir­che. Er war stolzer Besitzer eines Motorra­des, einer NSU Fox.

 
Zum Tan­ken musste er, weil es in Rönsahl da­mals noch keine Tankstel­le gab, nach Ohl fahren. Dort war an der Kreu­zung die Tankstelle. Auch diesmal kehrte unser Rönsahler Motorradfah­rer in die Kneipe von Witt­we Zimmer­mann – heute Ohler Hof – ein. Zu spä­ter Stunde, es war schon dunkel gewor­den, war es nötig, nach Hause zu fah­ren. Damals war das mit den Alkohol­kontrollen noch nicht so streng, auch wenn man ab einem ge­wissen Alkohol­pegel nicht mehr Auto fahren durfte, auch nicht mit dem Motorrad. Nun ja, unser Rönsahler war der Meinung: besser schlecht ge­fahren als noch schlechter gelaufen und schwang sich auf sein Motorrad. Bei dem vergebli­chen Versuch, den Mo­tor anzutreten, kippte Motorrad samt Möchte­gern-Fahrer um. Da lag er nun. In seinem Zustand schaffte er es nicht, auf die Beine zu kommen. Die missliche Lage blieb nicht unbe­merkt und plötzlich stand jemand neben ihm. Dieser sprach mit mah­nender Stimme zu ihm, er wolle doch so doch nicht mehr fah­ren. Doch, doch, er müsse doch nach Rönsahl, entgeg­nete unser gestrauchel­ter Held, der sich immer noch mühte, in die Senk­rechte zu kommen. Er schaute auf und erschrak, denn die Stimme ge­hörte zu dem Ohler Dorfpo­lizisten Günther Zloch. Ohje! „Nein, Nein, natürlich gehe ich zu Fuß“, ver­suchte er nun die Situation zu retten. Auch damals galt schon der Slogan: Die Polizei – dein Freund und Helfer. Und so half Polizei-Wachmeister Zloch unserem Rönsahler  auf die Beine und richtete dann dessen Motorrad auf. Er trat sogar auch die Maschine an, tat den ersten Gang rein und ermahnte den Fahrer: „So fährst du jetzt ganz langsam bis zum Grenzhäuschen. Ab da kannst Du machen was du willst, denn da ist Marx dran“ Damit meinte er, dass  hinter der Grenze Rönsahls Dorfpolizist Wilhelm Marx über seine Schäfchen wacht und er dann nicht mehr für ihn verantwortlich wäre.  
Nun, unser bierseliger Fahrer schaff­te es tatsächlich bis Rönsahl und wurde hier auch nicht von Wilhelm Marx er­wischt. Wie immer wollte er die Abkür­zung über den schmalen Fußweg von Strombachs Haus nach Stegers neh­men. Der Weg führte durch ein Garten­tor zu Stegers Grundstück. Hier am Gartentor wur­de die bisher gut verlau­fene Fahrt aber jäh gestoppt, denn das Tor war zu, was unser betrunkener Fahrer zu spät bemerkte. Unglückli­cherweise verkantete sich das umge­stürzte Mo­torrad so im Gartentörchen, dass der Scheinwerfer direkt in Ste­gers Fens­ter schien. Es dauerte eine ge­raume Weile, bis unser Held sich und Rad aus der misslichen Lage befreien  und endlich ins Bett gehen konnte.
Am nächsten Morgen sprach ihn Frau Steger an, es hätte jemand nachts in ihr Schlafzimmer geleuch­tet und ob er das wohl gewesen wäre. Unser Un­glücksfahrer gab zu, dass er das gewe­sen wäre und stammelte zu seiner Ent­schuldigung was davon, ihn hätte der Mond geblendet und da wäre er gegen das Tor gefahren. Das nahm ihm die Frau Steger aber nicht ab, meinte la­chend, dass sie keinen Mond gesehen hätte, aber eine gehörige Alkoholfahne riechen würde. In der Pause brachte sie ihm dann ein gutes „Kater“-Frühstück.

 
Nacherzählt von Regina Marcus,
im Februar 2011

 
Anmerkungen:
Gegenüber dem Gemeindehaus hin­ter der  Servatiuskirche in der Straße „Vor dem Isern“ betrieb das Ehepaar  Steger im Untergeschoss ihres Ge­bäudes eine Kunststoffpresserei. Die Firma August Steger war ursprüng­lich eine Fahrrad-Reparaturwerkstatt und -handlung, die im Jahre 1935 von August Steger ge­gründet wurde.
Schon zwei Jahre später erweiterte sich die kleine Firma um den Bereich Werk­zeugbau. Im Jahre 1948 wurde eine Kunststoffpresserei für Bakelit ange­gliedert, welche bis in die 1970er Jahre produzierte. Viele Rönsahler werden sich noch an den strengen Geruch nach heißem Bakelit erinnern können, wenn sie auf dem Weg zur oder nach der Schule an Steegers Haus vorbei ka­men.

 
Neben der heute noch beste­henden Straßenführung gab es bis in die 70er Jahre hinein auch noch einen Fußweg  von Strom­bachs Haus (heute nahe der heutigen Spar­kasse) nach Stegers Haus.
Das Grenzhäuschen war damals tat­sächlich noch das Haus an der Gren­ze, die bis zur Gebietsreform im Jahre 1975 noch dort verlief. Der Grenzstein vor Crummenerls Haus erinnert noch heute daran.
In Ohl sorgte der damalige Dorfpoli­zist Günther Zloch für Recht und Ordnung, das gleiche tat in Rönsahl der bekannte Wilhelm Marx.
Die Tankstelle befand sich an der Stra­ßenkreuzung in Ohl, an dem Ge­bäude „Ohler Hof“und Baustoffhan­del Zim­mermann. Um 1880 hatte Karl Zim­mermann das Gebäude er­worben. Im Zuge des Talsperren­baus, der viele Fremdarbeiter ins Land brachte, eröff­nete die Familie Zimmermann eine Gastwirtschaft. Neben dieser und der dazugehören­den Landwirtschaft wurde ein Fuhr­geschäft, hauptsächlich für das Schwarzpulver der Pulverfabrikanten Cramer & Buchholz, betrieben.
Zu­dem gab es auch eine Kolonialwaren­handlung und eine Kohlenhandlung. So gab es in der kinderreichen Fami­lie für alle Familienmitglieder eine passende Beschäftigung.
Anfang der 1930er Jahre wurde eine Tankstelle eröffnet. Auf der histori­schen Postkarte ist diese gut zu erken­nen. In den 1970er Jahren muss­te die Tankstelle dem Ausbau des Kreuzungs­bereiches weichen. Schon einige Jahre vorher war die Gastwirt­schaft aufgege­ben und verkauft wor­den. Diese wurde seitdem von meh­reren Pächtern be­wirtschaftet. Aus der Kohlenhandlung entwickelte sich die Baustoffhandlung, die heute noch von der Enkelin von Karl Zimmer­mann, Britta Lahr und deren Ehe­mann Clemens betrieben wird.

 
Quellen:
Buch „Kierspe – Wirtschaft – Kultur – Geschichte“ 1994
Informationen von Herrn Helmut Bre­mecker, Frau Britta Lahr, Herrn  Gün­ther Zloch und Frau Ellen Schriever

 
Regina Marcus, im April 2011
Zurück zum Seiteninhalt